Bea Milana - Autorin

Gegenwart . Literatur . Europa

Autor: Bea Milana

Dumdideldum – der Sommer ist bald um

Bewegung ist das Stichwort. Und Licht, unbedingt Licht.

 

Pusteblumen (1)

 

 

 

 

 

 

Sommerlicht malt Blätter auf den Boden

Getüpfel im Spiegel meiner Seele

verwandelt Welten, Herzen jubilierend

will ich zaubern, genau wie du

vor meinen Augen verglüht

dein Schatten unter Wolken.

 

Kirschblüten regnen Teppiche auf Gras

Libellenkinder rasen Zick-Zack überm See

Marienkäfer verirren in der Wohnung

was wollen sie hier?

Hinaus, zur Melodie der Querflöte

und dem Lachen vor meinem Fenster

fliegen Menschen auf Rädern

als hätten sie Flügel.

 

Im Wasser will  Licht  baden,

tanzend Linien malen

und bloß nie halten

Starrheit ist des Sommers nicht.

Es will bewegen sich

wie Mensch und Tier

flirren, singen, sich erlaben

der Wärme sagen

Bleib bei mir.

 

 

 

Nackt

Ich sollte mich ausziehen.

Viele Notfälle, sagte die Eine.

Liegt am Vollmond, sagte die Andere.

Hektische Handgriffe, konzentrierte Frauengesichter. Sie sehnten ein Ende der Überstunden herbei.

Die Eine gab mir einen grünen Umhang, zog das Bändchen am Rücken fest. Die Andere rasierte meine Schamhaare.

Über dem Bauch ein gestärktes Laken, weiß.  So schoben sie mich in den Flur.

Die Wände starrten mich an, sprachen nicht. Ich fror.

Ich bin hier überflüssig, sagte mein Verstand und verschwand. Und ließ mich allein mit der Angst.

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Großraumstörung

Fluch und Segen der digitalen Technik

Großraumstörungen gelten neben kosmischen Störungen, psychosomatischen Störungen, Störungen des Darmtraktes, Konzentrationsstörungen und Betriebsstörungen zu jener Art Störungen, die höchst unwillkommen sind. Ihre Nebenwirkungen und Folgen sind von unabsehbarer Tragweite und ihr Beheben außerhalb unserer eigenen Wirkungs- und Vorstellungskraft.

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Keinen Ärger mit der Leiche

Es existiert kein Grab, kein Stein, kein irdischer Ort – nichts, das uns half, je helfen würde, ihrer zu gedenken. Übrig blieben ein paar Bilder – verschwommene Fetzen glücklicher Kindheitsepisoden, Sommerurlaube im Paradies, unbändiges Freisein in der Natur – fern der regelwütigen Worte und Strafen des Alltags zuhause.

Meine Großmutter hatte ihre leibliche Hülle der Universitätsklinik in Innsbruck vermacht. Sie sagte, die Medizinstudenten sollten an ihr lernen, so würde sie bis zum Schluss zu etwas gut sein. Allzu oft stellte ich mir vor, wie man ihren kleinen, fast zerfallenen Körper in Einzelteile zerlegte – das feine Reiben der Knochensäge fräste sich in mein Hirn –, und wie Schneidewerkzeuge ihre Organe entfernten und selektierten, wie bei einem Stück Rind. Und ja, mein Verstand verstand ihre Vollmacht, verstand, dass sie über ihren eigenen Körper verfügen wollte, bis über den Tod hinaus, aber mein kindliches Gefühl verstand das nicht.

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Blind date

Kurzgeschichte

http://www.literaturinhamburg.de/weblesungenarchiv.php#M

Mit kräftigen Zügen stieß sie vorwärts. Ihre Hände zerteilten das Wasser, drückten es zur Seite, die Füße paddelten gleichmäßig auf und ab. Als sie wieder auftauchte, blinzelte sie. Das Wasser brannte in den Augen, mit einer schnellen Bewegung wischte sie die Tropfen weg und dann sah sie klar: Der Bademeister stand noch immer an dem Glaskasten, die Arme über dem Bauch verschränkt. Die beiden Rentnerinnen an der Seite gegenüber klammerten sich an den Beckenrand und unterhielten sich. Ihre Badekappen wirkten wie aus dem vergangenen Jahrhundert. Nichts hatte sich in den letzten zwei Minuten verändert. Absolut nichts!

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Perlen der Literaturkritik

Sie wollen wissen, wie es um ihre Kenntnisse in der Literaturkritik bestellt ist und sind bereit für ein Quiz?

Anlässlich der baldigen Preisverleihungen auf der Buchmesse und der Veröffentlichung meines Standardwerkes „Das kleine ah! und das große Oh! der Literaturkritik“ kreierte ich einer nächtlichen Eingebung folgend dieses kurze Fragequiz.
Sie dürfen es so oft beantworten wie Sie wollen – ohne Zeitdruck! Versuchen  Sie ihr Wissensniveau auf den neuesten Stand zu bringen und den tiefen Sinn hinter den folgenden 12 Fragen zu erkennen.

Viel Vergnügen!

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Die Mär vom gemeinsamen Europa

2013 erreichten uns die ersten Tragödien der Flüchtlingskrise. Vollkommen überfüllte Rettungsboote ertranken im Mittelmeer oder landeten auf der italienischen Insel Lampedusa.

Massive Flüchtlingswellen aus Afrika und dem nahen Osten sorgen dort für Chaos und Proteste, weil Hunderte von Menschen, tot und lebendig, aus dem Meer gefischt wurden. Das Lager auf Lampedusa war lediglich für 250 Insassen geeignet und nicht für 1000 und mehr Flüchtlinge.  Die Bedingungen waren menschenunwürdig, es  wurde am 24.12.2013 geräumt und  Besserung verprochen.

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Neulich in der U-Bahn

Ich sitze in der U1 Richtung Innenstadt und lese eine Kurzgeschichte. Auf den Bänken zu meiner Linken  sitzen zwei dickliche junge Frauen. Die eine trägt blond gefärbte Haare, die andere schwarz. Sie führen eine Unterhaltung, die mich aufhorchen lässt, denn es geht um ein Buch, das beide sehr beschäftigt hat.

„Das war ja alles aus einer Perpektive, ne?“

„Ja, aus ihrer. Bis auf´n Schluss.“

„Die letzten drei Kapitel, ne?“

„Ja. Da hat ER erzählt. Und alles ganz anders als SIE!“

„Ich frag mich immer, ob SIE das auch geschrieben hat? Die letzten drei Kapitel. Ich mein, SIE kann doch nicht ER sein.“

„Nee, das geht nicht.“

„Aber wer hat denn die letzten Kapitel geschrieben?“

Beide schauen sich ratlos an. Plötzlich erhellt sich das Gesicht der Blonden.

„Vielleicht ein ghostwriter?“

Ihre Freundin schaut lange in die Ferne, dann auf ihre Freundin.

„Ja, das wird´s sein. Ein gosthwriter.“

Markierungen

Über Spuren, die Leser in Büchern hinterlassen

Früher hielt ichBooks und ebooks Bücher ehrfürchtig in den Händen. Meine Finger strichen liebevoll über die Seiten. Geburtstagsglückwünsche schrieb ich grundsätzlich auf eine Karte, um ja nicht das jungfräuliche Weiß der ersten Seite zu beschmutzen. Niemals hätte ich gewagt, eine Ecke zu knicken, womöglich eine Seite herauszureißen.

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#1000Tode schreiben

1000 Tode schreiben ist  ein wahrhaft gigantisches ebook-Projekt, das die Verlegerin Christiane Frohmann ins Leben gerufen hat.  Die Anthologie, die auf der Frankfurter Buchmesse 2015 in seiner finalen Form präsentiert wird, besteht aus 1000 kurzen Texten von 1000 Autoren/-innen mit ihrem oft sehr persönlichen Beitrag zum Thema Tod.

Tür in Blau

 

Mein Beitrag trägt die Nummer 200 und stammt aus der Erzählung 30 Unzen Gold.

Das ebook ist für 4,99  €  bei minimore  erhältlich. Die Einnahmen gehen an ein Kinderhospiz in Berlin.

 

 

 

Kopfkino

Kleine Geschichte über die Auferstehung

Mitten in der Nacht kommen sie. Schleichen sich von hinten an und klopfen. Ich gewähre ihnen keinen Eintritt, schon gar nicht um diese Uhrzeit! Was machen die unerbetenen Strolche? Unterhalten sich, stellen Fragen, breiten sich aus. Klarer Fall von Kopfbesetzung. Innerhalb von Minuten entbrennt eine lebhafte Diskussion  – die Worte donnern ineinander, übereinander –, es ist die Sprachmelodie der Spanier, denen endlose Wortkaskaden wichtiger zu sein scheinen als das Zuhören.

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